05.01.2023 - Kreissportbund Emsland

Ausreichend Defibrillatoren: DRK in Lingen sieht andere Probleme

Nach Tod eines Fußballspielers

Gibt es genügend Defibrillatoren in Lingen? Diese Frage kommt nach dem Tod eines jungen Fußballers bei einem Hallenturnier auf. Das Deutsche Rote Kreuz sagt ja, sieht aber andere Probleme.
Der Vorfall, der sich am Nachmittag des 28. Dezember 2022, in Lingen ereignet hat, hat die emsländische Fußballwelt erschüttert. Bei einem Hallenturnier des TuS Lingen war ein 24-jähriger Fußballspieler vermutlich aufgrund einer Herzattacke am Spielfeldrand bewusstlos zusammengebrochen. Obwohl der Rettungsdienst schnell vor Ort war, verstarb der junge Mann dennoch.

In der Kiesberghalle gibt es keinen Defibrillator
An vielen öffentlich zugänglichen Plätzen, Schulen, Sportplätzen, in Geschäften und Banken gibt es in Lingen Defis, doch in der Kiesberghalle gibt es das Gerät nicht und es ist auch nicht verpflichtend, betont Norbert Boyer vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Lingen. Er ist Leiter der Abteilung „Erste-Hilfe-Ausbildung“ und hat in den vergangenen zehn Jahren zusammen mit dem Kreissportbund zahlreiche Vereine mit Defibrillatoren ausgestattet. Er hat immer darauf geachtet, dass das Personal 1,5 Stunden im Umgang mit dem Gerät geschult wird.

„Wir sind in Lingen super gut aufgestellt“, sagt er. Andere Städte im Emsland ebenfalls - Meppen beispielsweise. Dort seien diese Woche erst fünf neue Defibrillatoren über das DRK bestellt worden. Boyer bezieht sich auf das Defi-Kataster, eine Datenbank, in der Vereine und Institutionen ihre Defibrillatoren auflisten lassen können. Aber: „Allein aus finanzieller Sicht kann nicht an jeder Straßenlaterne ein Defibrillator aufgestellt werden.“

Hilfe beim Kammernflimmern

Auf einer Karte wird der eigene Standort und der Weg zum nächsten Defibrillator angezeigt. An der Kiesberghalle ist das neben dem Autohaus Helming das Christophorus-Werk gewesen, sagt Boyer. Er ist ehrlich: „Selbst wenn es ein solches Gerät in der Kiesberghalle gegeben hätte, bedeutet das nicht, dass das Leben des Mannes gerettet hätte werden können.“

Ein Defibrillator kann ein Herz bei Stillstand nicht wieder zum Schlagen bringen, sondern lediglich das Kammerflimmern unterbrechen. Beim Flimmern ziehen sich die Herzmuskelzellen sehr schnell und unkontrolliert zusammen und das Herz schafft es nicht mehr, Blut durch den Körper zu pumpen. Der Defibrillator erkennt das Flimmern und gibt elektrische Schocks ab. Aber: Unabhängig von einer elektrischen Stimulation kann die Herzleistung versagen, sagt Boyer.

Herzmassage ist wichtiger als Defibrillator
Seiner Aussage nach kann ein Defibrillator keine Herzmassage ersetzen. Diese ist und bleibt das Wichtigste bei der Wiederbelebung, gefolgt von der Mund-zu-Mund-Beatmung. An dritter Stelle kommt erst der Defibrillator zum Einsatz. Eine Kombination dieser drei Dinge hilft am besten.

Im Fall des Hallenturnieres in der Kiesberghalle befand sich eine medizinische Angestellte unter den Besuchern, die direkt mit der Ersten Hilfe bei dem Fußballer begonnen hatte. Einen eigenen Sanitätsdienst gab es bei der Veranstaltung nicht. Das ist auch nicht verpflichtend, hatte bereits Kreissport-Bund-Präsident Michael Koop in der vergangenen Woche erklärt.

Erste-Hilfe-Kenntnisse sollten aufgefrischt werden
Ein Vorteil ist es also, wenn die Erste-Hilfe-Kenntnisse frisch sind - und genau darin besteht das Problem. „In Deutschland gibt es keine Verpflichtung, dass Menschen ihre Kenntnisse regelmäßig auffrischen“, sagt Boyer. Nur für bestimmte Berufsgruppen besteht diese Pflicht, etwa im medizinischen Bereich. Nichts desto trotz haben laut Boyer Sportler mit einer Trainer-Lizenz die Möglichkeit, sich - ebenfalls freiwillig - im Rahmen einer Präventionsmaßnahme über die Berufsgenossenschaft in Zusammenarbeit mit dem Kreissportbund kostenlos als Ersthelfer ausbilden zu lassen.

Norbert Boyer: Landkreis Emsland ist innovativ
In Sachen Ersthelfer ist der Landkreis Emsland „innovativ“, sagt Boyer. Das Emsland gehörten zu den ersten Landkreisen in Niedersachsen, der seit 2017 auf sogenannte mobile Retter setzt. Mittlerweile gibt es im Emsland insgesamt 2000 Ersthelfer, die eine Ergänzung zum klassischen Rettungsdienst sind. Die Retter verfügen allesamt über einen medizinischen Hintergrund, werden regelmäßig in Sachen Reanimation fortgebildet, sind hauptberuflich medizinisch, bei der Polizei oder Feuerwehr aktiv und werden bei Notfällen mitalarmiert, wenn über eine GPS-Abfrage ermittelt wird, dass sie sich in der Nähe des Notfallortes befinden.

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