07.06.2022 - Kreissportbund Emsland

Die Leuchttürme und Vereinshelden im Emsland

EL-Interview mit Harald Kuhr vom Kreissportbund – Die Aktion „Ehrenamt überrascht“ läuft seit vier Jahren sehr erfolgreich

Sögel (EL) – Viele Sportvereine im Emsland haben einen Mangel an Mitgliedern, die sich ehrenamtlich engagieren. Dagegen möchte der Kreissportbund (KSB) etwas unternehmen. Darüber äußert sich Harald Kuhr, Vizepräsident Ehrenamt im Kreissportbund in einem Interview.
EL: Herr Kuhr, Sie sind im Kreissportbund „Vizepräsident Ehrenamt“. Seit wann gibt es das Amt, was verbirgt sich dahinter?
Harald Kuhr: Das gibt es seit 2019. Wir machen regelmäßige Vereinsbefragungen, alle fünf Jahre. Aus vielen Gesprächen haben wir mitgenomme, dass es eines der größten Probleme der Vereine ist, genügend ehrenamtliche Helfer zu finden. Wir haben im Kreissportbund überlegt, wie wir dem begegnen können. Der Kreissportbund  hat daher das Thema Ehrenamt zu einem eigenen Handlungsfeld gemacht – neben Bildung, Finanzen, Organisationsentwicklung, usw. Ich war vorher sechs Jahre Vizepräsident Leistungssport, und ich habe dann das Thema Ehrenamt übernommen.
Es ist schwer, Ehrenamtliche in Vereinen zu finden. Besteht  nicht die Gefahr, dass wenn man welche gefunden hat, diese schnell überfordert sind, weil sie zu viele Aufgaben haben?
Natürlich ist das eine Gefahr. Nehmen wir mal den klassischen Dorfverein. Da sind je nach Größe fünf, sechs oder sieben Leute im Vorstand tätig. Alle haben verschiedene Aufgaben. Jetzt fällt eine Person aus. Das kann aus Altersgründen sein oder beruflich bedingt oder wegen Umzug oder weil einer sagt ’Ich möchte nicht mehr’. Wenn man dann keinen Nachfolger findet, was macht man dann? Ein anderer muss die Aufgaben mit übernehmen – und hat damit doppelte Arbeit. Das kann auch bei Trainern so sein. Nehmen wir den Fall, dass ein Verein zwei C-Jugend-Mannschaften hat, C 1 und C 2. Der C-2 -Trainer hat auf einmal Schichtarbeit oder ist Monteur außerhalb des Emslands und kommt nicht mehr jeden Abend nach Hause und kann die Mannschaft nicht mehr trainieren. Die Notlösung ist dann, dass der C-1-Trainer die C 2 mittrainiert. Dieser kann dann aber schnell mal ein Problem bekommen. Am besten sucht der Verein eine ganz neue Person, die vielleicht Interesse hat, Trainer zu werden. Es ist dann aber möglich, dass derjenige dann ablehnt, wenn man ihm erzählt, was der alte Trainer alles so gemacht hat.
Das ist wahrscheinlich für kleinere Vereine mit wenig Mitgliedern ein größeres Problem als bei größeren Vereinen?
Nein, das ist ein grundsätzliches Problem, das richtet sich nicht nach der Vereinsgröße. Auch andere Organisationen stehen vor diesem Problem, nicht nur Sportvereine. Fast noch wichtiger ist es, diejenigen, die dabei sind, so gut zu betreuen, dass sie dabei bleiben und Lust haben weiterzumachen. Denen wollen wir Hinweise und Tipps geben. Wir vom Kreissportbund  wollen demnächst Seminare anbieten, die den Vereinen helfen, ehrenamtliche Personen zu gewinnen. Das hat sich alles etwas wegen Corona aber verzögert.
Können Sie einen konkreten Fall schildern, wie diese Hilfe aussehen kann?
Ich war früher Kassenwart in meinem Heimatverein. Da habe ich die Kasse geführt und die Mitglieder verwaltet. Wenn jetzt zum Beispiel ein Kassenwart in einem Verein aufhört und ein anderer ist in einem kaufmännischen Beruf tätig und hat Interesse, sich um die Finanzen zu kümmern und die Buchhaltung zu führen und für den Verein den Jahresabschluss aufzustellen.
Wenn aber die Mitgliederverwaltung überhaupt nicht sein Ding ist, muss der Verein dafür wieder jemand anderen finden. Man darf dem Interessierten nicht sagen ’Dann bist du für den Job nicht der Richtige’, sondern muss ihm zeigen, dass es gut ist, dass er sich um die Finanzen kümmert und dann sehen, dass man jemanden findet, der die Mitgliederverwaltung macht. Die Aufgaben müssen dann eben gesplittet werden. So sollte das dann bei Trainern auch sein. Wenn einer in der Woche auf Montage ist, müsste ein anderer das Training in der Woche übernehmen. Es ist gut, dass der eigentliche Trainer am Wochenende beim Spiel dabei ist. Die Vereine dürfen sich nicht an vorhandenen Strukturen festklammern, sondern müssen Aufgaben zuschneiden. Diesen Anreiz möchten wir den Vereinen in den Schulungen geben.
Wie wichtig ist es, Ehrenamtlichen Wertschätzung zu zeigen?
Sehr wichtig. Dafür haben wir die Aktion „Ehrenamt überrascht“ ins Leben gerufen? Bei uns läuft das seit vier Jahren – auch zu Corona-Zeiten.
Im Bundesland Niedersachsen sind im vergangenen Jahr 500 Ehrenamtliche durch diese Aktion ausgezeichnet worden. Wieviele sind es im Landkreis Emsland?
25. 40 sind uns vorgeschlagen worden, jeder bekommt eine Ehrung, die 25 bekommen ein Geschenk. Es spielt keine Rolle, wie lange der Ehrenamtliche schon dabei ist. Wir können schon nach fünf Jahren ehren, dafür habe ich mich damals stark gemacht. Vorher lag die Grenze bei zehn Jahren. Wenn jemand fünf Jahre ehrenamtlich tätig ist, dann ist das schon ein sehr langer Zeitraum. Bei der Aktion kann jeder geehrt werden. Trainer, Übungsleiter, Fahrer, Leute die Kaffee kochen oder Kuchen backen, die kassieren, die am Sportplatz stehen und Eintrittskarten verkaufen, die Pommes-, Bratwurst und Getränkeverkäufer, Trikotwäscher.
Dem Kreissportbund  geht es nach eigenen Angaben vor allem um die Ehrenamtlichen in der zweiten Reihe. Warum?
Das ist genau der Grundgedanke der Aktion „Ehrenamt überrascht“. Praktisch kann jeder durch die Ehrenamtsordnung geehrt werden. Das wissen viele Vereine nicht.  Auch die Leute, die sonst nie in der Zeitung stehen, sind auch mal dran. Das sind unsere Leuchttürme im Emsland. Wir bezeichnen diese Leute auch manchmal als ’Vereinshelden’.
Hat es schon mal Kritik gegeben, dass jemand geehrt wurde, der es nach anderer Meinung nicht verdient hat?
Nein, im Gegenteil, das habe ich noch nie erlebt. Wir bekommen immer wieder die Bestätigung, dass wir genau die Richtigen ausgewählt haben. Die Vereine sehen das auch so und machen von der Ehrung oft ein richtiges kleines Fest.

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