26.05.2014 - Kreissportbund Emsland

„Es bereitet mir Freude, wenn Menschen lachen“

„Ich möchte gern etwas mit Menschen machen!“ Chris Meier hatte schon bei seinem ersten Auftritt unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung beim SV Meppen vor fast genau drei Jahren eine klare Vorstellung. Der 24-jährige Abwehrrecke hat eine Aufgabe gefunden in der inklusiven Fußballmannschaft von Sigiltra Sögel. „Das macht einfach nur Spaß!“

In der Ü 50 von Sigiltra spielt der Meppener „Profi“ zusammen mit Fußballern mit einer geistigen Behinderung und anderen Altherrenkickern. Dort hat der Kicker, der am Samstag beim ETSV Weiche Flensburg sein 93. und letztes Punktspiel für den emsländischen Regionalligisten SV Meppen bestreitet, am Mittwoch letztmals mitgespielt und bei der 3:6-Niederlage gegen Boavista Meppen seinen Abschied genommen, der mit einem T-Shirt versüßt wurde. Der Aufdruck sprach Bände: „Danke Jan“ auf der Vorder- und „dein EL-Traumteam“ auf der Rückseite. „Er und der SV Meppen haben viele Sympathiepunkte gesammelt“, stellt der Diözesanbeauftragte für Menschen mit Behinderung Michael Knüpper fest, der selbst in der Mannschaft spielt und die Unterstützung Meiers zu schätzen weiß.

Ein Bürojob, das ist nichts für Chris Meier. Das sollte seine Aussage, dass er gern etwas mit Menschen machen will, unterstreichen. Natürlich neben dem Training und den Spielen für den SV Meppen. Beim Zivildienst wurde Meier für soziales Engagement sensibilisiert. Der knallharte Verteidiger, der 2003 zur Talentschmiede des VfL Wolfsburg kam und beim Nachwuchs in den höchsten Ligen spielte, profitierte nach dem Wechsel zu Eintracht Braunschweig von deren enger Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Braunschweig, die ihre Ziele klar formuliert: Sie will für Menschen mit Behinderung positive Lebensbedingungen schaffen, sie begleiten, fördern und ihre Eingliederung in die Gesellschaft verwirklichen. Dabei soll jeder Mensch so selbstständig wie möglich leben, zugleich aber so viel Unterstützung wie nötig erhalten.

„Ich wollte weiter Fußball spielen“, nahm der gebürtige Gifhorner die Unterstützung der Eintracht an, arbeitete tagsüber in der sozialen Einrichtung und ging danach zum Training. Nach dem Wechsel ins Emsland arbeitete Meier – solange es der Fußball zuließ – auf Stundenbasis beim Vitus-Werk in Meppen im sogenannten arbeitsintensiven Bereich mit teilweise schwerst mehrfachbehinderten Menschen. Er begleitete sie zu Reit- oder Schwimmtherapien, unterstützte sie aber auch beim normalen Tagesablauf. „Dabei hat Michael Knüpper mir sehr geholfen“, sagt Meier. Der Diözesanbeauftragte gewann den ambitionierten Regionalliga-Kicker schon zu Zeiten von Trainer Johann Lünemann auch für eine fußballerische Zusammenarbeit. „Das ist selbstverständlich“, betont Meier.

Die Sögeler Ü-50-Mannschaft erfüllte Torwart Hermann Schütte, der in einer der Werkstätten für Menschen mit Behinderung arbeitet, vor rund drei Jahren den Wunsch, Fußball zu spielen. Er wurde schnell Mitglied des Teams. Bewohner aus dem Vitus-Werk folgten. Der Altersunterschied zu den gegnerischen Mannschaften ist zwar größer geworden, aber die Idee findet Anklang. „Auch die Gegner sind angetan davon“, registriert Knüpper ein positives Feedback. Wahrscheinlich, vermutet er, gibt es nicht viele inklusive Teams. „Die Jungs werden von uns und unserem Gegner quasi adoptiert“, sagt Franz Klawitter über seine Mitspieler. Der ehemalige Leiter des Marstalls Clemenswerth Michael Strodt erklärt: „Sie sind eine unglaubliche Bereicherung für unseren Fußball.“ Knüpper weiß, dass Freude und Spaß ansteckend wirken.

Die Sögeler Mannschaft findet sich immer erst im Spiel. Meier kennt die Spieler vom Vitus-Werk, die er dort trainiert hat. Die Verbindungen zum SV Meppen sind gut, weil die Einrichtung einen eigenen Fanklub hat. Zudem stellt sie auch Personal für den Ordnungsdienst wie Marco Stover und Mikel Lindebas, die mit Meier im Sögeler Team stehen. Das ist für Meier zusätzliche Motivation. „Gerade Mikel hat mich richtig heißgemacht.“ Der Fußballer ist sicher, dass sein Schritt richtig war: „Bei diesen Spielen geht es nur um den Spaß, da herrscht kein Leistungsdruck. Es ist klasse, wie die Jungs feiern, wenn wir gewinnen oder Tore schießen.“

Meier, der natürlich nur mitmachen kann, wenn die Planung mit seinen Terminen beim SV Meppen übereinstimmt, hat im Team die Rolle des Spielmachers im Mittelfeld übernommen. Er hat viele Ballkontakte, verteilt das Leder auf die Mitspieler. „Es geht nicht um mich. Ich bin nur einer von zehn weiteren Spielern auf dem Platz. Daran habe ich Spaß!“ Das Zusammenspiel der Mannschaft funktioniert, alle haben ihren Anteil am Spiel. „Die Jungs nehmen das schon sehr ernst. Sie sind da sehr professionell und engagiert.“

Ein besonderer Moment war für Meier sein erstes Tor im Team. „Da hab ich fast Todesangst bekommen, weil sich alle auf mich gestürzt haben“, lacht er. Die Erwartungen der Mitspieler an den Meppener sind nicht eben gering. „Sie gehen davon aus, dass wir jedes Spiel gewinnen. Das klappt nicht immer, aber oft.“ Und wenn es nicht zum Dreier reicht, dann muss sich der Regionalliga-Kicker schon mal „einen doofen Spruch“ anhören.

Auch das wird Meier ab Juni vermissen. Denn nach der Abschlussfahrt des SV Meppen zieht es ihn wohl in den Süden. „Ich bin schon etwas traurig, dass ich gehe. Ich habe hier etliche Freundschaften geschlossen.“

Während die Sögeler Mannschaft hofft, dass sie vielleicht wieder einen Spieler aus höherer Region für ihre Belange gewinnen kann, hält Meier es durchaus für möglich, sich auch an seinem neuen Wohnsitz zu engagieren. Nach seiner Fußballer-Laufbahn kann er sich vorstellen, eine Ausbildung im sozialen Bereich zu machen. „Es bereitet mir Freude, wenn Menschen lachen.“

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